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"Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes" (PEgIdA)
"European Patriots against Islamisation of the Occident"

Anmerkungen zu bestimmten Massendemonstrationen in Deutschland seit Ende 2014.
Remarks on certain German Mass Demonstrations since the End of 2014.

Von/By Dr. Christian Heinze
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2015 02 03 - Überarbeitungen 16./31.7.2016, 23.8.2017 - vollständig überarbeitet am 26.6.2018


Seit Ende 2014 macht ein unter dem Namen "PEgIdA" (Abkürzung für "Patrioten Europas gegen Islamisierung des Abendlandes") ins Vereinsregister des Amtsgerichts Dresden eingetragener Verein mit seinem Vorsitzenden Lutz Bachmann von sich reden. Dem Vorsitzenden und dem Verein wird im größten Teil des deutschen Medienspektrums und im politischen Mainstream vorgeworfen, durch von ihnen veranstaltete Kundgebungen und Demonstrationen Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit, Antiislamismus, "völkische" Neigungen, Frauenfeindlichkeit sowie Hetze und Gewaltanwendung zu propagieren und zu fördern. Bei einigen PEgIdA-Veranstaltungen ist es tatsächlich zu Gewaltanwendungen gekommen. Der Vorsitzende Bachmann ist von deutschen Gerichten wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und zweimal wegen Volksverhetzung verurteilt worden (siehe http://www.faz.net/aktuell/politik/naechste-verurteilung-von-pegida-gruender-lutz-bachmann-15503945.html). Innerhalb der PEgIdA scheinen Auseinandersetzungen über die vom Verein zu vertretende politische Richtung stattgefunden zu haben, so in Auseinandersetzungen mit ihrer Leipziger Abspaltung "Legida" oder im Vorfeld des Ausscheidens von Mitgliedern um die Rivalin Bachmanns um den Vereinsvorsitz, Kathrin Oertel, die allerdings zu einer Klärung wenig beigetragen zu haben scheinen (siehe NZZ vom 24.1.2015 S. 3).

Die Agitation der PEgIdA und die von ihr angeregten Demonstrationen und Kundgebungen betreffen Verhältnisse und Vorgänge nicht nur aber insbesondere im Zusammenhang vorwiegend mohammedanischer Immigration nach Deutschland besonders seit dem 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Sie knüpfen an das Bedürfnis eines Teils der Bevölkerung nach öffentlicher Bekundung von Wahrnehmung und Unzufriedenheit mit den genannten aber auch mit anderen Verhältnissen und Vorgängen an. Die Agitation der PEgIdA geführt. Sie kann sowohl im Sinne begründeter Befürchtungen, Kritik und Interessenwahrnehmung als auch im Sinne unakzeptabler, mit den Grundlagen einer freiheitlichen Ordnung unvereinbaren und den Interessen Europas und Deutschlands zuwiderlaufender Inhalte ausgelegt werden. Durch diese Ambivalenz trägt die PEgIdA zu Spannungen in der deutschen Gesellschaft und zwischen Deutschland und anderen Ländern bei. Im Zusammenhang ihrer Agitation kam es auch zu Straftaten und Gewaltanwendung.

Die von der PEgIdA thematisierten, Schäden und Spannungen stiftenden Verhältnisse und Vorgänge bedürfen der Bewältigung, die Spannungen der Auflösung und Befriedung. Das Bedürfnis rechtfertigt Veranstaltungen zur öffentlichen Meinungsbildung und Proteste auch als Weg demokratischer Bewältigung. Der Zulauf, den die PEgIdA jeweils erhielt und in einem - vielleicht durch Konkurrenz der "Alternative für Deutschland" - verminderten Maß weiterhin erhält, ist auch ein Index für Versagen der politischen Mainstream- Kräfte bei der Aufgabe, überzeugende Lösungen für wichtige Probleme des Landes transparent und allgemeinverständlich zu entwickeln, zu erklären, zu begründen, öffentlich zu diskutieren oder durchzuführen.

1 Gegenstand der PEgIdA und ihrer Agitation.
1.1 „Patrioten Europas gegen Islamisierung des Abendlandes“.

Den Gegenstand der Agitation der PEgIdA wird man zunächst ihrer programmatischen Bezeichnung zu entnehmen suchen. Sie unterstellt ein schutzbedürftiges "Abendland" und die Qualifizierung bestimmter Schutzwilliger als Patrioten (Menschen, die ihr Vaterland lieben und dementsprechend in seinem Interesse denken, fühlen und handeln). Man kann davon ausgehen, dass der Begriff des "Abendlandes" (dessen Untergang übrigens für manche schon ausgemachte Sache ist) im Kern wenn auch vages und umstrittenes Allgemeingut ist, auf dessen Einzelheiten es aber im vorliegenden Zusammenhang nicht ankommt, soweit jedenfalls Europa dazu gehört. Offen bleibt, wer oder was im einzelnen geschützt werden soll: Sind es Vorzüge der Vaterländer von Patrioten, die diese Vorzüge schaffen und bewahren und verteidigen wollen ? Sind unter Vaterland im Sinne von Patriotismus Staaten oder Landschaften zu verstehen, denen Völker zuzuordnen sind ? Und welches sind die schutzbedürftigen Vorzüge ? Freiheiten, die anderwärts nicht gelten, bestimmte Religionen oder Weltanschauungen und ihre Organisationen ? Oder ist es eine besondere Verfassung der Produktion und Verteilung von Gütern und Leistungen oder der ihr zu verdankende Wohstand ? Ist es "Kultur" und was ist darunter zu verstehen ? Oder sind es bloße Gewohnheiten ? Die Definition des Gegenstandes der PEgIdA durch ihre Bezeichnung ist unklar.

Einen Hinweis darauf, was mit PEgIdA gemeint ist, enthält ihre Bezeichnung, indem sie sich gegen "Islamisierung" wendet. Das unterstellt, dass jedenfalls das Schutzgut "Europa" als Teil des "Abendlandes" durch Verbreitung des Islam bedroht ist. Mithin fragt sich über die Unbestimmtheit dieses Schutzgutes hinaus, was "Islam" und damit Islamisierung bedeutet und welche Wirkung davon ausgeht.

Mehrere Konfessionen und Gruppierungen von Mohammedanern folgen unterschiedlichen Lehren und Normbeständen und zahlreiche, voneinander unabhängiger Instanzen verfügen über unterschiedliche Autorität zur Auslegung der Glaubensregeln. Ihr Verhalten und ihre Wirksamkeit unterscheidet sich insbesondere je nachdem, ob sie in Regionen leben, in denen auch andere Religionen verbreitet sind, was in Immigrationsländern (wie zum Beispiel den USA) besonders häufig der Fall ist. Das Verhalten dieser Gruppierungen und seine Wirkung unterscheiden sich nach Regionen und ihren vorgegebenen Verhältnissen und nach Besonderheiten der jeweiligen Immigrantengruppen und sind auch im übrigen schon wegen der Unterschiede der religiösen Inhalte des Islam nicht einheitlich bestimmbar. Die religiösen Gebräuche der Mohammedaner gehen über die nach logischen Regeln ausgelegten Lehren und Ge- oder Verbote ihrer grundlegenden Schrift, des Koran, hinaus oder bleiben hinter ihnen zurück. Alldas erschwert die Identifikaiton dessen, was die PEgIdA unter "Islam" versteht.

Als Gegenstand ihrer Agitation kommt aber die Befolgung einiger religiös fundierter Normierungen durch Mohammedaner in Betracht, die mit den in Europa üblichen Freiheiten des Privatlebens und der Gesellschaft oder mit der Ordnung oder Politik der europäischen Staaten schwer oder nicht vereinbar sind. Sie betreffen beispielsweise die sexuelle Ausrichtung, persönliche Bindung, Kommunikation, gemeinsame zum Beispiel sportliche Betätigung, Begegnungen, in denen die Autorität einer Frau eine Rolle spielt, oder die Einnahme von Speisen. Dahin gehört etwa die Beschneidung von Frauen, der starke autoritäre Druck der Familie auf die Partnerwahl und auf sonstige Entfaltungen der Frauen, insbesondere ihre Unterordnung, verschiedene Grade obligatorischer Verhüllung der Frau in der Öffentlichkeit, die beispielsweise das Schwimmen, vor allem aber individuelle Kommunikation stark erschweren können, oder das Schächten.

Daneben könnte sich die Agitation der PEgIdA gegen Islamisierung auf Konflikte beziehen, die sich auf Bereiche zum Teil emotional unterlegter Gewohnheiten beschränken, wie die Wahrnehmung von Moscheen und ihren Besuchern oder des Müezzinrufs oder des Kopftuchtragens oder auch der bloßen besonderen Art der Kleidung oder des persönlichen Umgangs in einer durch Kirchen mit ihrem Geläut oder durch andere sinngebende Gebäude und Anlagen geprägten Umgebung. Solche Gewohnheiten erhalten Gewicht für die Anhänger verschiedener Religionen durch ihre Assoziation mit dem regelmäßig religionsimmanenten Glauben an die ausschließliche Richtigkeit der eigenen Religion. Im politischen Bereich ist es die im Islam ausgeprägte Verbindung der Ausübung von Religion und Staatsgewalt bis hin zur Identität der Gewalten oder wenigstens zum Vorrang der Religionsgesetze und -Instanzen, die mit den meisten freiheitlichen europäischen Staatsverfassungen unvereinbar sind.

Den Hauptangriffspunkt für eine negative Bewertung "des Islam" bieten in weit voneinander entfernten Regionen der Erde aktive Gruppierungen einer extremistischen Minderheit von Mohammedanern, die das Gebot des Koran zum Kampf für den Glauben, der auch dem Christen als geistiger Kampf aufgegeben ist (Paulus, Briefe an die Epheser 6 Vers 10 ff.), im Sinne eines Auftrags zur gewaltsamen Verfolgung und Tötung Andersgläubiger auslegen.

Jedenfalls kann Islamisierung als eine die Gesellschaft und/oder den Staat nicht nur quasi am Rande beeinflussende sondern den Zustand und das Erscheinungsbild Europas stark prägende Verbreitung der mohammedanischen Religion und des aus ihr folgenden Verhaltens von Personen im privaten, gesellschaftlichen und politischen Raum verstanden werden.

Es zeigt sich, dass die mit der Bezeichnung "Patrioten Europas gegen Islamisierung des Abendlande" aufgeworfenen Fragen höchst unterschiedliche und konfliktträchtige Antworten zulassen - oder liegt diese Unklarheit und Eignung gerade in der Absicht ihrer Autoren ?
1.2 Jenseits der Bezeichnung "PEgIdA".

Zwar lässt die Anknüpfung an "Islaminiserung" durch ihre Assoziation mit einer Art Übergewicht die Grundeinstellung zu Immigration und Islam offen, doch hat die Vereinigung unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie tatsächlich zumindest eine Beendigung der Immigration (die nur im Allgemeinwohlinteresse vordringliche Ausnahmen zulässt), wenn nicht die Rückführung bereits zugelassener Immigranten fordert. Der breiten Mohammedanischen Wirklichkeit oder Alternativen einer mittels Vorsorge und Reglementierung oder mittels Verstärkter Selbstbehauptung "des Abendlandes" im Wettbewerb reduzierten und beherrschten Immigration geht die PEgIdA nicht nach. Es ist, jedenfalls im polemischen Sprachgebrauch, nicht übertrieben, ihre Haltung als "fremden- und islamfeindlich" und "intolerant" zu bezeichnen. Damit widerspricht sie den Europa prägenden Ideen der Religionsfreiheit in Verbindung mit der Trennung von Staat und Kirche, der Toleranz und Anerkennung des Fremden.

Ein Teil der Menschen, die den Kundgebungen der PEgIdA zustimmen oder an ihren Demonstrationen teilnehmen, votieren damit jedoch nicht nur für solches Gedankengut, sondern darüber hinaus oder daneben für oder gegen politische oder gesellschaftliche Verhältnisse, die mit Patriotismus, europäischen Schutzgütern oder Islam nur mittelbar oder nicht zu tun haben. So haben Interviews ergeben, dass sich Demonstranten nicht gegen Fremde oder den Islam oder gegen Einwanderung von Mohammedanern überhaupt, sondern gegen das Fehlen oder die fehlende Bekanntgabe oder Transparenz ausreichender staatlichen Vorbeugungs- oder Gegenmaßnahmen gegen schädliche Immigration, gegen das Fehlen aureichender Regulierungen oder ausreichender Integrationsvorkehrungen wenden wollten. Auch ließen sich Stimmen hören, die schlicht die Beendigung der Kanzlerschaft von Angela Merkel gefordert oder sozialistische Ideale beschworen oder sogar eine Präferenz für eine Rückkehr in Richtung Diktatur bekannt gegeben haben. Viele ließen erkennen, dass sich ihr Protest auf die oben erwähnten Konflikte im Bereich allgemeiner Gewohnheiten und Emotionen bewegen. Andere bangten um ihren Arbeitsplatz, ihr Vermögen oder ihre Versorgung. Es ist erkennbar, dass sich Demonstranten durch die Erfahrung von Übergriffen und, zum Teil schweren, Straftaten von Immigranten, die meist mit Islam nichts zu tun haben und gelegentlich auch von Abendländern begangen werden, oder durch Medienberichte darüber zur Teilnahme veranlasst sahen. Ein Großteil der Teilnehmer oder Anhänger der PEgIdA zeigt sich durch einen Mangel an Wissen und Urteilskraft oder an deren gründlichem Einsatz zur Demonstration bewogen. Jedenfalls auch nicht einigermaßen klar bestimmbar ist ein konkretes von der PEgIdA oder Demonstranten angestrebtes Vorgehen des Staates oder der Gesellschaft, das über die Abschiebung von Immigranten oder eine Begrenzung ihrer Zahl hinausgeht.
2 Kritische Betrachtung von Anliegen im einzelnen hat unterschiedliche Ergebnisse.
2.1 Allergie auf das Fremde.

Sicherlich entstehen gesellschaftliche Spannungen durch das Zusammenleben einer steigenden Zahl von Mohammedanern und Angehörigen fremder Ethnien mit "Abendländern" und besonders mit anderen Religionsgemeinschaften und sicherlich droht die Gefahr ihrer Eskalation bis hin zur Bedrohung der allgemeinen Ordnung und Sicherheit. Darauf mit Abneigung, Feindseligkeit oder Gewaltbereitschaft zu reagieren, ist jedoch für alle Konfliktparteien kontraproduktiv.

Das ergibt sich zunächst aus der Irreversibilität des Wandels des Zusammenlebens der in näherer oder entfernterer regionaler Nachbarschaft wohnenden, höchst verschiedenen Gesellschafts- und Staatsformen anhängenden oder unterworfenen Völker durch moderne Verkehrs- und Kommunikationstechnik. Auch ohne Migrations führt dieser Wandel zu Konflikten, die umso mehr der Bewältigung bedürfen, als sie leicht zu internationalen Kämpfen führen, die seit dem 20. Jahrhunder mit Massenvernichtungswaffen ausgetragen zu werden pflegen. Was aber Massenimmigration nach Europa betrifft, müssen gerade Patrioten zur Kenntnis nehmen, dass ihr europäischer innerer und äußerer Frieden und ihr Wohlstand unter Beibehaltung ihrer all dies gewährenden Systeme von der Auffüllung der infolge des europäischen Geburtenrückgangs entstandenen und weiter anwachsenden Lücke an menschlichen Ressourcen abhängt, die bei realistischer Betrachtung auf absehbare Zeit nur durch Immigration möglich ist. Auch humanitäre Gebote sprechen für eine Zulassung von Immigration. Vor allem aber ist Europa angesichts seiner kurzfristig kaum relevant änderbaren gesellschaftlichen und politischen Lage tatsächlich nicht in der Lage, dem aus vielen Gründen übermächtigen Einwanderungsdruck vor allem aus Afrika ohne Nachgeben standzuhalten. Bereits der Versuch würde in massenhaftem Mord und Totschlag und in einem europäischen Wohlstandsverlust enden. Wohl aber hatte und hat Europa verschiedene Möglichkeiten, den Druck abbauen zu helfen und die Immigration auf das nützliche und unwiderstehliche Maß zu beschränken und vor allem zum eigenen Nutzen zu regulieren, wobei zu erinnern ist, dass die bisher zugelassene Immigration dieser Regulierung weitgehend entbehrt und das nützliche und notwendige Maß teilweise überschritten hat. Gesellschaftliche und staatliche Akzeptanz und sogar regulierte Förderung von Massenimmigration ist daher für Europa unabweisliches Gebot der Zeit. Seine Befolgung muss seine gesellschaftliche und staatliche Grundordnung und die sie prägenden Grenzen für Akzeptanz nicht infrage stellen, fordert aber deren auch ohne Migration überfällige Stärkung und Verbesserung.
2.2 Insbesondere: Abneigung gegen die Nachbarschaft einer fremden Religion oder Ideologie.

Die Bewertung einer Religion oder ihrer Ausübung hängt auch dann, wenn sie eigene (subjektive) hergebrachte Auffassungen zum Maßstab nimmt, von der Kenntnisnahme der Einzelheiten der Religion und ihrer Ausübung sowie der Faktoren ab, die für die religiösen Inhalte maßgebich sind.

Mit Bezug auf den Islam ist insofern für abendländische Patrionten von Bedeutung, dass ein Großteil der Ge- und Verbote der mohammedanischen Religion mit denjenigen abendländischer Religionen, Konfessionen, Überzeugungen, Rechtsordnungen und gesellschaftlichen Traditionen und insbesondere der christlichen Religion übereinstimmen oder ihnen ähneln, und zwar einige umso mehr, je ältere abendländische Normenbestände man zum Vergleich heranzieht. Man denke etwa an das Abtreibungsverbot oder die Autorität des Mannes als Familienoberhaupt insbesondere auch gegenüber Töchtern, die Obliegenheit des Gebets und Bekenntnisses, das Verbot des Ehebruchs, das Gebot der Unterstützung der Armen, der Ehrung von Vater und Mutter, den Schutz des Eigentums, das Verbot der Lüge oder an Gewohnheiten der Gastfreundschaft, der Höflichkeit, an die Respektierung der Privatsphäre. Soweit solche Normierungen Frauen betreffen, haben sie Wurzeln in dem Ideal enger (wenn auch nicht unbedingt dauerhafter) Bindung einer Frau an einen Mann oder in einem gesteigerten Keuschheitsideal und in der Scham, die - wenn auch in anderer und schwächerer Form - auch im Europa gelten. Ohne dass seine Verwerflichkeit damit im geringsten infrage gestellt wird, ist es immerhin bemerkenswert, dass der militante Islamismus oft mit dem politischen Ziel verbunden ist, mohammedanische Völker von politischem oder gesellschaftlichem Einfluss des Abendlandes oder von der Vorherrschaft abendländischer Mächte zu befreien - einem Ziel, das zum Teil nachvollziehbare Gründe hat. Es ist nützlich zu erinnern, dass die breite, überwältigende Mehrheit der Mohammedaner einschließlich ihrer religiösen Autoritäten dennoch die Gewaltbereitschaft von Islamisten so entschieden ablehnt, dass ihnen die ihr zugrunde gelegte Koran-Auslegung geradezu als Beleidigung des Islam erscheint, und dass auch das Abendland extremistische gewalt-exzessive Katastrophen insbesondere auch religiöser Provenienz hervorgebracht hat.

Religiöse Intoleranz bildet neben übertriebenem Sicherheitswettbewerb der Staaten die größte Gefahr für Frieden. Denn einerseits sind Bestand und Anwachsen von (sei es auch sich wandelnden) Religionen und ihre Ausübung mit ihrem prägenden Einfluss auf die Gestaltung von Gesellschaft und Staat tief in den Gottsuchenden angelegt. Zugleich ist aber die Fähigkeit der Menschen beschränkt, Gott und seine Ge- oder Verbote zu erkennen, so dass sie bei ihrer Suche zu konfligierenden Ergebnissen gelangen. Hinzu tritt die mit Überzeugung, Inbrunst und Widerstand zunehmende Neigung der Menschen zur Bereitschaft, Konflikte gewaltsam auszutragen. Gewaltsamkeit mit ihrer immanenten Eskalationstendenz führt aber seit Entwicklung von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen die Gefahr des Untergangs der Menschheit herauf. Der überlebenswillingen Menschheit bleibt deshalb (und aus anderen ebenso wichtigen Grnden) keine andere Wahl als auf die gewaltsame Austragung eskalationsgefährlicher Konflikte zu verzichten und sie ist genötigt, sie aktziv zu verhindern. Bei dieser Sachlage zwingt das allgemeine Interesse zu gegenseitiger religiöser Toleranz. Verstöße wie sie im Dunstkreis der PEgIdA stattfinden, sind vom Übel.

Modernes kommunikatives, auch durch Personenverkehr und Migration vermitteltes Aneinanderrücken der Völker lässt einerseits Religionskonflikte zu Tage treten und fördert ihre Virulenz. Andererseits gibt sie auch zur Relativierung religiöser Ausschließlichkeitstendenzen Anlass. Die Religionsgemeinschaften sind aufgerufen, Toleranz tatkräftig wirksam werden zu lassen. Sie bedeutet auch Erdulden des Ungewohnten oder unangenehm Empfundenen, sei es für manche die Wahrnehmung von Kopftüchern oder Moscheen oder des Muezzin-Rufes am eigenen Wohnort, sei es die Wahrnehmung bedeuenderer Unterschiede. Besinnung bietet sich an auf den nach blutigen religiösen Kriegen in Europa während mehrerer Jahrhunderte sowohl durch Schaden und Schrecken als auch durch Vernunft in Deutschland und Europa eingezogenen Religionsfrieden.

Wer sich gegen "Islamisierung" wendet, hat entweder etwas gegen Religion überhaupt (wobei es sich um eine Form unbewusster Religiosität handeln kann) oder gegen Einfluss von Religionen oder "des Islam" in Europa und/oder er bekundet seine eigene und der eigenen Religionsgemeinschaft Unfähigkeit zur Selbstbehauptung. Wer aber Forderungen auf Abwehr religiöser Einflüsse auf die Gesellschaft oder auf ihn selbst an den Staat richtet, gerät in Konflikt mit der Europa spätestens seit der im 18. Jahrhundert beginnenden Durchsetzung der Ideen der "Aufklärung" beherrschenden Religionsfreiheit in ihrer Verbindung mit der rechtlichen Trennung von Staat und Kirche.

Der Aufruf von Patrioten zum Schutz Europas gegen Islamisierung erinnert daran, dass es für ein seit mehr als einem Jahrtausend christlich geprägtes Europa naheliegt, sie durch durch Verbreitung und Verfestigung der christlichen Religion zu bewerkstelligen, mag es dazu auch tiefgreifender Reformen bedürfen. Zwar haben in den zuletzt vergangenen Jahrzehten die christlichen Kirchen Europas viele Anhänger verloren. Doch könnte eine Überwindung der Kirchenkrise, zu der auch die Aktualisierung des Wettbewerbs der Religionen Anlass geben könnte, zu einer Belebung des öffentlichen Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der christlichen Religion führen und einer Zunahme des Einflusses des Islam Grenzen setzen. Sich solchen Bemühungen anzuschließen, erschiene als lohnende Aufgabe für Patrioten.

Vieles von dem, was hier über Religionskonflikte gesagt wurde, gilt entsprechend für Konflikte zwischen weltanschaulichen Ideologien oder Bewegungen aller Art sowie zwischen ihnen und Religionen, wobei die zuletzt genannte Konfliktkategorie der Vernunft - soweit Bereitschaft zu ihrer Anwendung besteht - eher und leichter zugänglich ist als rein religiöse Konflikte. Religiöse und ideologische Intoleranz ist mit den Voraussetzungen einer friedlichen Welt unvereinbar und gefährdet ihre Fortexistenz.
2.3 Spaltung der Gesellschaft.

Tatsächlich hat Immigration in Europa zur Bildung von Teilgesellschaften aus Immigranten geführt, die sich der Integration und sogar der Anwendung der Gesetze des Aufnahmelandes entziehen. Die Kritik auch der PEgIdA an solchen die mindestens erforderliche gesellschaftliche und staatliche Kohärenz aufheben oder gefährden ist berechtigt. Das rechtfertigt jedoch nur die Forderung nach Integration und Durchsetzung der Gesetze, nicht dagegen ein Immigrationsverbot oder die Forderung der Ausweisung von Immigranten. (Vgl. dazu unten Abschn. 4.)
2.4 Produktion und Verteilung von Gütern und Leistungen.

Vielfach wird befürchtet, dass Wohlstand oder Sozialhilfe durch Immigration beeinträchtigt wird. Es wäre aber bereits heilsam, wenn diese Thematik im Abendland eine im Verhältnisa zu anderen Gütern geringere Rolle spielen würde als sie es tut. Unabhängig davon sollte sich aber der gewissenhafte Patriot davon überzeugen, dass die Bevölkerungsentwicklung in Verbindung mit unvermeidlichen Wirtschaftsbedingungen mit der ernsten Gefahr eines Abgleitens Europas in Armut verbunden ist, die ohne massive Zuwanderung auf gewaltlose, friedliche Art und wahrscheinlich selbst mit Waffengewalt nicht abzuwenden ist. Er sollte sich durch Wissenschaft und durch Wahrnehmung des Wirtschaftsbeitrags bereits integrierter Zuwanderer darüber belehren lassen, dass massenhafte Zuwanderung unter geeigneten Bedingungen auch unter Berücksichtigung üblicher Renten-, Gesundheits- und sonstiger Sozialleistungen bereits mittelfristig deutschen Wohlstand nicht mindert sondern für seine Aufrechterhaltung unerlässlich ist.
2.5 Sicherheit. "Militanter Islam".

Soweit die PEgIdA wirkliche und nicht nur befürchtete Gewalttendenzen von Fremden oder Mohammedanern anprangert, rennt sie offene Türen ein, weil das abendländische Recht gegen sie schützt. Konkrete Kritik an Mängeln dieses Rechts oder seiner Durchsetzung ist notwendig und erwünscht und bleibt auch der PEgIdA unbenommen, wobei es letztere allerdings regelmäßig gerade an dieser Konkretisierung geschweige den Abhilfevorschlägen fehlen lässt - und dieses zwar vielleicht deshalb, weil wirksame Abhilfe ihrer Agitation gegen Immigration und Fremde Wind aus den Segeln nehmen würde. Immigranten leisten einen guten Beitrag zum Polizei- und Wehrdienst, auch indem sie den in Deutschland herrschenden Mangel an geeigneten Kräften reduzieren. Wo aber Kriminalität unter Immigranten tatsächlich höher ist als unter Einheimischen, geht das ersichtlich auf Reglementierungs- und Integrationsmängel (Einwanderung von jungen Menschen und Kindern ohne Familie, besonders hohe Arbeitslosigkeit) zurück und muss durch ihre Behebung reduziert werden (dazu Abschn. 4).

Womöglich wollen aber sicherheitsbeflissene PEgIdA-Anhänger und Demonstranten Fernhaltung jener menschenverachtenden und brutalen Gewaltentfaltung der erwähnten Gruppierungen extremistischer militanter Mohammedaner anstreben, die weite Teile der Welt erschüttert. Diese Gewalttätigkeit fordert in der Tat die Unschädlichmachung von Gewaltreligionisten. Sie muss mit allen Kräften weltweit betrieben werden. Durch Immigrationsbegrenzung würde man sie aber kaum einschränken, weil extremistische Gewalt allenfalls von einer kleinenMinderheit der Migranten droht und durch Begrenzung ihrer Zahl von den Zielländern nicht ferngehalten werden könnte. Würde man den extremistischen Gewaltrelionisten erlauben, zulässige oder wünschenswerte Migration zu behindern, so würde man damit vor ihnen zurückweichen und ihren Zielen Vorschub leisten anstatt sie zu bekämpfen.

Sicherheitsprobleme können Gegenstand sinnvoller Demonstration sein, soweit sich diese auf ihre unmittelbare Bewältigung beziehen, nicht aber soweit sie sich gegen Immigration von Mohammedanern überhaupt wenden.
3 Meinungs- und Demonstrationsfreiheit und Demokratie.
3.1 Der Grundsatz und optimale Ergebnisse seiner Anwendung.

Kritik an der PEgIdA oder an ihren Demonstranten soll oder darf den Eindruck erwecken, als werde dem Verein oder den Demonstranten die Freiheit zur Bildung und Äußerung von Meinungen streitig gemacht Die Freiheit der Anderen zur Bildung und Äußerung gerade auch auch extremer und extremster sowie falscher Meinungen auch mit Bezug auf Religion, Religionsausübung oder hat der Freiheit respektieende Demokrat entschieden zu fördern und zu verteidigen. Auch das Interesse an sozialem Konsens darf nicht gegen Polarisierung ausgespielt werden. Denn erst die Äußerung und manchmal erst die Zuspitzung von Meinungen verschafft ihnen politische Wirksamkeit und erst die Äußerung irriger Auffassungen bringt ihre Diskussion und Berichtigung zustande. Beispielsweise hätte mehr Polarisierung die Wahlerfolge der Nationalsozialisten verhindern können.

Soweit Meinungsfreiheit optimale Ergebnisse der Herrschaft allgemeiner Vernunft durch Demokratie, nämlich durch die Mehrheit der politisch aktiven Bevölkerung gewährleisten soll, müssen Meinungen aber wohlbegründet und präzise sein. Den Ansturm von Gefühlen gegen Vernunft hat der Demokrat diszipliniert zu kontrollieren. Der PEgIdA ist sicherlich vorzuwerfen, dass sie bereits mit ihrer unklaren programmatischen Bezeichnung und darüber hinaus mit ihrer Agitation weit übertriebenen Ängsten Vorschub leistet und von der Bewältigung etwaiger Probleme ablenkt. Denn der Anstieg des Anteils von Fremden oder Mohammedanern an der europäischen Bevölkerung von mehreren hundert Millionen Menschen auf auch nur 20% (die für "Prägung" kaum ausreichen würden) liegt in weiter Ferne. Außerdem unterscheidet sich der Grad der "Fremdheit" und erst recht einer möglichen Gefährlichkeit des Verhaltens verschiedener Gruppen und einzelner Immigranten. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit des Übertritts einheimischer Abendländer zum Islam trotz Religionsfreiheit gering. Vor allem aber ist die Übertreibung mit einer Unterschätzung der Kraft der einheimischen Gesellschaft verbunden, sich selbst und ihre staatliche Ordnung zu behaupen und sich insbesondere im gesellschaftlichen Wettbewerb mit sei es auch Millionen immigrierten Mohammedanern durchzusetzen. Auf die gefühlte Gefahr reagiert die PEgIdA allein mit Ablehnung und Abschottung sowie Abwehr bis hin zur Aggression gegen Fremde und Mohammedaner. Sie erzeugt dadurch Konflikte wie diejenigen, auf die sich die Angst bezieht, und die schließlich in Gewaltausbrüchen und Krieg münden können. Die Agitation der PEgIdA bewirkt, dass die fremden Wettbewerber sich ihrerseits vor allem als Konfliktpartner betrachten, eine ablehnende, manchmal agressive Haltung einehmen und sich abschotten. Andere Möglichkeiten, den Wettbewerb friedlich zu bewältigen und zum Vorteil aller Wettbewerber zu ordnen, haben die als abendländische Patrioten Auftretenden nicht im Auge. Sie erkennen nicht den wirklichen Inhalt und das tatsächliche Wirkungspotential der Weltanschauung und Gesellschaftsordnung der Wettbewerber und verfehlen Chancen, sie zu beeinflussen oder sich von ihr beeinflussen zu lassen. Sie berücksichtigen nicht die Selbstbehauptungs- und Widerstandskraft der Vorzüge und Mängel ihrer eigenen Weltanschauung und Gesellschaftsordnung und ihre Fähigkeiten zur Vermehrung und Vertiefung der Vorzüge und Behebung der Mängel.

Allein schon die aus einem gründlichen Studium dieser Faktoren resultierende Erkenntnis würde Angst vermindern und manche Kundgebung erübrigen. Das gilt etwa für die Erkenntnis der Ähnlichkeit mohammedanischer Lehren mit der hierzulande anerkannten Ethik und Religion. Das Zusammenleben mit den bereits seit Jahrzehnten in Deutschland lebenden Millionen Mohammedanern bietet Anschauungsbeispiele für tatsächliche und damit für weiterhin mögliche Integration. Vor allem auch der aufopferungsvolle Kampf ganzer mohammedanischer Völkerschaften gegen "Jihadismus“, der sich auch als Verteidigung Europas auswirkt, ist ins Auge zu fassen. Schließlich übersehen die Patrioten die Chance, das was an Unterschieden und auch Gegensätzen bleibt als Bereicherung ihrer Umgebung und ihres Lebens anzusehen, davon zu profitieren oder es zumindest zu tolerieren. Die hier angesprochene Bewältigungskraft der Europäer hängt allerdings auch davon ab, dass gerade auch die Autoren und Adressaten der Angst-Agitation ausreichende Energie auf tolerante Selbstbehauptung und Vorbeugung verwenden. Abendländische Patrioten entsprechen ihren eigenen Interessen, wenn sie sich für eine Vermehrung dieses Energie-Einsatzs verwenden. Auf Ablehnung und Aggression fixierte Patrioten werden dagegen davon abgelenkt, ihre Kräfte in diesem Sinne und für die Fortentwicklung ihrer eigenen Weltanschauung und Gesellschaftsordnung zu verwenden.

Dem Herrschaftsanspruch des Demokraten entspricht seine Obliegenheit und Verantwortung, sich um die Richtigkeit seiner Meinung zu bemühen, Tatsachen gründlich und sorgfältig zu recherchieren, Urteile kritisch zu bilden und möglichst klar auszudrücken. Diese Aufgabe wird in jüngerer Zeit durch rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik erleichtert. Wer PEgIdA-Anhängerschaft oder -Demonstration erwägt, hat leichten Zugang zu anerkannten Quellen, die "den Islam" oder die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte von Immigration beschreiben und ein Urteil ermöglichen, und ist gehalten, sie zu nutzen. Die Lehren der Geschichte über das Entstehen und die Folgen von Fremdenhass und Religionskriegen stehen jedermann vor Aungen. Schon der Beginn einer Reflexion befragter Demonstranten zeigt daher oft, dass sie sich nur gegen bestimmte Ausprägungen der mohammedanischen Religionsausübung wenden möchten.Verfehlung der Anforderungen hat Schäden und Unfrieden zur Folge.

Zwar kann eine Demonstration oder Kundgebung inhaltliche Variationen von Meinungen oder Forderungen umso weniger genau artikulieren, je größer die Zahl der Teilnehmer ist. Demonstranten sehen sich veranlasst, eine dem größten gemeinsamen Nenner entsprechend konzentierte Forderung zu unterstützen. Der Demokrat muss jedoch berücksichtigen, dass die Konzentration Auslegungen ermöglichen kann, die mit seiner Auffassung unvereinbar sind. Das gilt beispielsweise auch für die Neigung, eine unbefriedigende Entscheidung zu unterstützen, "um schlimmeres zu verhüten". Muss der Demokrat damit rechnen, dass seine Demonstration für von ihm nicht befürwortete Ziele missbraucht wird, so muss er vernehmbar widersprechen oder muss sie vermeiden. Bloße Mitläuferschaft läuft dem demokratischen Prinzip zuwider, besonders wenn sie durch Vorteile erkauft ist, die als Motiv für die Stimmabgabe an die Stelle wohlerwogener Meinung treten.

Schon allein die Kenntnisnahme vom Bevölkerungsrückgang und seinen Konsequenzen sollte genügen, von der Teilnahme an einer Demonstration abzuhalten, die als grundsätzlich zuwanderungsfeindlich gedeutet werden kann. Auch wer für religiöse oder areligiöse oder ethnische Toleranz eintritt, darf sich nicht an PEgIdA beteiligen, weil deren Thema und Agitation zumindest als intolerant verstanden werden kann. Teilnahme ist daher geeignet, einer falschen Deutung der Demonstration und der Auffassung der Teilnehmer Vorschub zu leisten. Einem verantwortlichen, nachdenklichen Demokraten muss bewusst sein, dass Massendemonstration für „PEgIdA“ wahrscheinlich von Fremden- oder Religionsfeinden oder Unruhestiftern mißbraucht würde, um ihre Ziele zu fördern.

Was hier zu Konflikten und ihrer Würdigung und Bewältigung und zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung gesagt wurde, gilt nicht nur für den staatspolitisschen sondern nach der Europa prägenden Auffassung erst recht für den Gesellschaftlichen Bereich. Auch er ist von der Wertschätzung angemessener Freiheit und von Toleranz wenn nicht von Nächstenliebe geprägt.

Vgl. auch die Beiträge " Demokratie" und "Migration - Tod im Mittelmeer" in dieser homepage.
3.2 Grenzen der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit.

Meiunungsfreiheit sowohl von Immigranten und Religionsanhängern als auch derjenigen, die sich mit Immigration und Religionsausübung kritisch beschäftigen, findet ihre Grenze im verfassungsgemäßen Gesetz. Eine Grenze bildet das Verbot der Beleidigung. Sie wird vom geltenden, durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weitgehend bestimmten deutschen Recht bereits bedenklich weit gefasst, besonders im Bereich politischer Polemik. Eine andere Grenze bildet das Verbot von hasserfüllter Hetze gegen Fremde und Religionen. Das Verbot der Volksverhetzung in § 130 des deutschen Strafgesetzbuchs gerät allerdings bereits in Kollision mit dem Rechtsstaatsprinzip, das Freiheitsbeschränkungen nur durch präzise Gesetze zulässt. Die dort gebrauchten Ausdrücke "Hass", "aufstachelt", "Willkür", "beschimpft", sind wegen ihrer Unbestimmtheit als Merkmal eines rechtsstaatlichen Strafgesetzes wenig oder nicht geeignet und ihre Anwendung kann mit dem rechtsstaatlichen Prinzip allenfalls durch höchst vorsichtige Interpretation in Einklang gebracht werden, die das von der Rechtsordnung geduldete tatsächlich in der ganzen Breite der politischen Szene übliche Maß an Ausdrucksschärfe berücksichtigt. Privilegierung "politischer Korrektheit" und Diskriminierung derjenigen, die ihre Regeln nicht anerkennen, bilden eine Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie.

Ihre wichtigste Grenze findet Meinungsfreiheit in dem aus dem Gewaltmonopol des Staates folgenden Verbot der Anwendung und der Drohung mit oder Anreizung zur Anwendung von Gewalt. Der Demokrat darf und muss die Durchsetzung dieses Verbots einfordern und Verfehlungen seines gebotenen Umfangs oder seines Vollzugs kritisieren. Immigration wegen der mit ihr verbundenen Gefahr der Nichteinhaltung des Gewaltverbots abzulehnen, ist aber mit der vom Demokraten zu fordernden positiven Grundeinstellung zu seinem Staat unvereinbar, selbst wenn Immigration zusätzliche Vorkehrungen zur Realisierung des Gewaltmonopols fordern sollte.

In einer demokratischen Ordnung obliegt es jedem politischen Akteur, so auch der PEgIdA, sich auch jenseits der rechtlichen Ge- und Verbote resolut und aktiv gegen Gewalttendenzen zu wenden, die im Anschluss an seine Agitation entstehen oder aufleben können. Was Tendenzen zur Gewalt gegen Fremde und insbesondere Mohammedaner betrifft, ist die PEgIdA dieser Obliegenheit jedenfalls nicht immer nachgekommen. Vielmehr unterliegt sie dem Verdacht, mit ihren Aktivitäten absichtlich Verwirrung und Konflikte zu erzeugen. Das demokratische Publikum sollte diese Verfehlungen sanktionieren, indem sie sich von ihrer Agitation distanziert. Ähnliches gilt für die Europa prägende und dort zum Teil auch rechtlich gebotene Akzeptanz oder zumindest Toleranz gegenüber Fremden (wie gegenüber Minderheiten überhaupt).

Der PEgIdA angehörenden oder nahestehenden Personen liegt schädliches und unakzeptables, auch strafbares Verhalten zur Last, ohne dassw dieses Verhalten die Attraktion und Wirksamkeit der PEgIdA im wünschenswerten Maß reduziert hätte. Das geht letztlich auf fehlerhafte Meinungsbildung zurück. Das freiheitlich-demokratische Gemeinwesen schafft daher Abhilfe nicht durch Repression geschweige denn durch Beschränkungen der Meinungsfreiheit, sondern durch Intensivierung der öffentlichen Diskussion und durch Verbesserung der Information, Bildung und Urteilskraft der PEgIdA- Aktionisten. Zu diesem Ende müssen Anstrengungen der Gesellschaft und staatlicher Instanzen initiiert oder vermehrt werden.
4 Zustand und Aufgaben der Politik und die Verfassung der europäischen Staaten und insbesondere Deutschlands.

Unter Verfassung wird hier die tatsächliche Entfaltung politischer Kräfte und der resultierender politische Zustand Europas oder Deutschlands verstanden.
4.1 Mainstream-Politik.

Die von der deutschen Mainstream-Szene ausgehenden Vorwürfe gegen die PEgIdA und ihr Umfeld von Hetze, Rassismus und völkischen Neigungen, Islam- oder Frauenfeindlichkeit oder Tendenzen zur Gewaltsamkeit sind meist pauschal und unklar, zumal tatsächlich zu verzeichnende Gewaltanwendungen oft von aussen an die BEgIdA herangetragen wurden. Mit ihren unspezifizierten Vorwürfen und Beschimpfungen bedienen sich Gegner der PEgIdA jenes "Populismus", den sie anderen vorwerfen, und verhelfen ihr damit eher zu Auftrieb als dass sie zur Bewältigung ihrer Agitation oder der ihr zugrunde liegenden Probleme beitragen. Was etwa ist etwa an Wahrnehmung und Pflege von Volkstum abzulehnen ? Wie unterscheidet sich pointierte oder übertriebene Agitation von Hetze ? Wo hat PEgIdA rechtm, wo unrecht ? Beschimpfungen tragen zur Problembewältigung nicht bei, erzeugen oder vertiefen aber Konflikte.

Die weitgehende Unbestimmbarkeit der Ziele der PEgIdA gibt anderen politischen Gruppen Anlass zu dem Versuch, deren Agitation als Manifestation von Problemen, Ansichten und Zielen ausgeben, die in Wirklichkeit nur Teile der Demonstranten geltend machen. Oder solche Gruppen versuchen, aus Irrtümern, Konfrontationen, Verunsicherungen oder Konfliktschäden, die der PEgIdA zur Last liegen, oder mit Hilfe ihrer Provokation politische Vorteile für sich selbst zu ziehen. Damit ist keine Bereicherung sondern eine Belastung des demokratischen Prozesses verbunden.

Sympathie mit "PEgIdA" findet eine Erklärung darin, dass es an klaren, geeigneten und überzeugend begründeten Vorschlägen des Mainstream-Publikums zur Bewältigung der mit Massenimmigration und Entfaltung einer islamischen Religionsgemeinschaft in einer durch Religions- und Ideologiefreiheit geprägten Gesellschaft fehlt. Der Mangel führt zu einer Entfremdung des Publikums gegenüber der Mainstream-Politik und gegenüber dem demokratischen Prozeß überhaupt. Er entspricht den Voraussetzungen für Demokratie ebenso wenig wie die Teilnahme an Demonstrationen zu Stichworten, die vom Demonstranten nicht wirklich vertretene Deutungen zulassen. Den PEgIdA-Demonstrationen ist Mitwirkung zur Offenbarung erheblicher Mängel der deutschen Demokratie zu verdanken. Insofern steht auch der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit der PEgIdA das Prädikat als das „hohe Gut“ zu, das alle Politiker gern loben.

Zu denken gibt auch die hohe Aufmerksamkeit, die die PEgIdA und ihre Thematik sowohl von Anhängern als auch von Gegnern im Vergleich mit anderen Gruppen und Themen genießt. Wie kommt es, dass das Interesse etwa an der Verfassungsentwicklung der EU, an der deutschen und europäischen Reaktion auf den "Brexit", an Verteidigungs- oder Währungs- und Kreditwesenpolitik, an der Erosion von Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft im Verhältnis zu demjenigen an Immigration von Mohammedanern und Islam zurückbleibt ? Rückschritte europäischer Vereinigung oder Auflösung der Marktwirtschaft oder die Gestaltung einer expandierenden Staatswirtschaft, Kanonendonner in der Nähe Europas oder eine Politik des Abbaus der Grundlagen für Marktwirtschaft und der Belohnung von Konsum und Vermögensbildung „auf Pump“ auf Kosten der Steuerzahler insbesondere Deutschlands, von denen größere Schäden drohen als von einer sei es verfehlten Politik mit Bezug auf Immigration von Mohammedanern, wurden bisher kaum Gegenstand von Demonstrationen. Die Verengung des Spektrums jeweiliger politischer Diskussion indiziert unzulängliches Engagement des Publikums und der zu seiner Animation und Leitung berufenen Kräfte und damit einen Funktionsmangel der Demokratie.

Gegendemonstrationen gegen die "PEgIdA finden statt. Es besteht aber Anlass einzumahnen, dass sie denselben Forderungen unterliegen, die sich an letztere richten. Sie bringen oft ihre sachliche Gegenposition nicht genügend klar zum Ausdruck. Auch Gegendemonstranten dürfen sich nicht mit solchen zusammentun, die ganz andere Ziele verfolgen als sie selbst. Sie dürfen der PEgIdA nicht das Wort abzuschneiden versuchen und nicht selbst in jenen "Populismus" verfallen, den sie der PEgIdA vorwerfen.
4.2 Die staatlichen Instanzen.

Hauptursache für das Entstehen der PEgIdA und für die Aufmerksamkeit, die sie im Publikum findet, ist die Fortsetzung der soeben erwähnten Mängel des politischen Mainstream in der Entfaltung der staatlichen Instanzen. Diese Instanzen (einschließlich der politischen Parteien) ergehen sich in pauschaler Ablehnung der PEgIdA oder punktueller Herausstellung ihrer Verfehlungen und in pauschaler Diffamierung ihrer Demonstrationsteilnehmer, lassen aber die dringend erforderliche sachliche (Selbst-)Kritik an der spätestens seit 2014 bis heute verfolgten unzulänglich durchdachten "Willkommenspolitik" sowie die Bildung, öffentliche Begründung, Diskussion und transparente Durchführung detaillierter, klarer und überzeugender Pläne und Maßnahmen vermissen, die eine Bewältigung der mit der Massenimmigration insbesondere von Mohammedanern verbundenen Aufgaben und Probleme sicherstellen. Mit diesem Defizit hat die deutsche Regierung und Gesetzgebung und haben die deutschen politischen Parteien selbst die Publizität der PEgIdA und ihrer Demonstrationen zu vertreten. Auch die (Verfassungs-) Rechtsprechung hat daran insoweit Anteil, als sie es unterlässt, in relevanten Bereichen weitergehende Kontrolle über die inhaltliche Entfaltung anderen Gewalten oder deren Fehlen auszuüben. Der Zuspruch, den PEgIdA jweils erhält und die Zahl der Teilnehmer an ihren Demonstreationen indizieren das Maß des Zurückbleibens der staatlichen Instanzen hinter ihren Aufgaben.

Für die staatlichen Instanzen und ihre Politik gelten erst recht die oben skizzierten Anforderungen an die gründliche sachliche Vorbereitung der Meinungs- und Willensbildung durch umfassende Ermittlung von Tatsachen und an die sorgfältige Analyse und Würdigung gegebener Verhältnissen und politischer Alternativen und erst recht an den Entwurf und die zügige Durchführung der Sache nach notwendig umfassender und weitreichender Maßnahmen. Der Erfüllung dieser Anforderungen und dem demokratischen Prozess und übrigens auch der Isolierung schädlicher Agitatoren wäre es dienlich, wenn die staatlichen Instanzen die Beschwerden und Motive von PEgIdA-Demonstranten gründlich studieren würden. Das scheint Innenminister Thomas de Maizière schon 2015 erkannt zu haben, als er erklärte: "die Sorgen von Teilnehmern dieser Kundgebunden müssten ernst genommen werden und er sei zum Austausch mit ihnen bereit. So klingt es mittlerweile auch von linklenParteien" (NZZ 24.1.2015). Ob ein Austausch genügend zu bieten hat, ist allerdings eine andere Frage.

Inhalte der den Staatsinstanzen obliegenden Maßnahmen sind im Beitrag " Migrationspolitik" dieser Homepage zusammengestellt. Berechtigte Forderungen an die Staatsinstanzen (sie betreffen etwa die in Abschnitt 4.2 erwähnten Grundprobleme europäischer Politik, die relativ wenig Aufmerksamkeit finden) gehen auch in PEgIdA-Kundgebungen und -Demonstrationen über die Migrationspolitik hinaus.
5 Fazit.

Um den erforderlichen Konsens in der Bevölkerung über staatliches Vorgehen herzustellen und es rechtsstaatlich zu legitimieren, bedarf Einwanderungspolitik einer nicht nur das Verfahren sondern vor allem auch die wesentlichen materiellen Entscheidungen umfassenden gesetzlichen Grundlage. Regierung und Parteien müssen diese Politik in ihrer konkreten Planung und deren Begründung im Vorhinein der Bevölkerung nahebringen und sich zu diesem Zweck öffentlich und diskussionsbereit mit allen oben erwähnten Gesichtspunkten auseinandersetzen, die die verschiedenen Gruppen von Teilnehmern an Demonstrationen bewegen, wie sie beispielsweise von der PEgIdA initiiert werden. Die staatlichen Instanzen müssen zu diesem Zweck alle für eine politische Entscheidung und ihre Folgen im Vergleich zum status quo bedeutsamen Tatsachen und Umstände objektiv und sorgfältig erheben und dem Publikum in den wichtigsten Einzelheiten und mit ausführlicher, allgemeinverständlicher und überzeugender Begrndung bekannt geben.

Zugleich sind im Rechtsstaat alle zumutbaren Anstrengungen von Regierung, Verwaltung und Parteien einzufordern, die Ausübung des Rechts zur freien Meinungsbildung und -Äußerung und zur friedlichen Demonstration auch durch eine in ihren Auffassungen und Zielen abzulehnenden Bewegung zu schützen.



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