world

"Grexit" Stichwort für eine Krise Europas.
von Dr. Christian Heinze
Eine sub-page zur Seite: pro-re-publica.eu
2015 03 10

„Grexit“ und die Zukunft Europas. (Als Leserbrief in der FAZvom 23.3.2015 abgedruckt unter der Überschrift "Unser 'Esel Streckdich": die Marktwirtschaft).

Die im März 2015 einen Höhepunkt erreichende griechische Krise ist eine Überschuldungskrise . Ihre Instrumentalisierung für die Verfolgung vielfältiger Interessen oder für die Schaffung oder Dämpfung von Ängsten oder Hoffnungen sollten darüber nicht hinwegtäuschen. Überschuldet sind europäische Staaten, Notenbanken, Geschäftsbanken und viele Unternehmen und Private, mit oder ohne Euro, mit oder ohne Mitgliedschaft in der Eurozone, weil sie mehr ausgeben als sie einnehmen. Ein Teil der Kreditforderungen ist uneinbringlich und damit oekonomisch betrachtet zu " Transferleistungen mutiert. Verantwortlich sind Kreditgeber und Kreditnehmer, weil beide mindestens wissen mussten, was sie taten. Die Kreditgeber verfehlen auch ihre Verantwortung gegenüber denen, die ihnen ihr Geld vertrauensvoll zur Verfügung stellen oder als Steuerzahler zur Verfügung stellen müssen, indem sie den Weg der Kreditvaluta nicht konkret verfolgen oder ihre Klientel darüber im Unklaren lassen. Im Euroraum wird alldas nicht durch „den Euro“ sondern durch Missbrauch des Währungssystems vermittelt.

Die griechische Überschuldung geht zum Teil auf Außenwirtschaftslenkung und Finanztransaktionen in den Kreditgeberändern, an denen auch Griechen profitiert haben, zum Teil auf den Missbrauch der Verschuldung für die Finanzierung von Konsum zurück, den sich Griechenland nicht leisten kann. Die Besonderheit der griechischen Krise liegt in ihrer überwältigenden Dimension pro Kopf der griechischen Bevölkerung. Für die Zukunft Griechenlands ist nicht entscheidend, ob Griechenland Euroland bleibt, sondern - selbst bei Erlass aller seiner Schulden - dass es jenseits von Zug-um-Zug- Kompensationsgeschäften überhaupt an internationalem Wirtschaftsaustausch nur teilnehmen kann, wenn es entweder zu einem Ausgleich von Leistungen und Konsum zurückkehrt oder jemanden findet, der ihm weiterhin verlorene Unterhaltsbeiträge in Höhe der Differenz leistet.

Die tiefere Ursache der griechischen Krise ist zugleich die Ursache für die gesamteuropäische Krise. Sie besteht in einem Mangel an Verantwortung und Wahrhaftigkeit, an Verbindlichkeit von Versprechen und Normen, an realistischer Selbsteinschätzung und Politik und in einem Missbrauch unser aller „Esels Streckdich“: der Marktwirtschaft. Daraus ergibt sich, wessen es zur Abhilfe bedarf. Sollten die Zeichen der Zeit die Herstellung europäischer Verteidigungsbereitschaft verlangen, wäre damit zugleich deren Voraussetzung vorgezeichnet.

Um mehr zu lesen, klick hier.