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Alternative für Deutschland" (AfD) - Alternative for Germany" (AfD)
Analyse eines Fehlstarts (2013) - Analysis of a False Start (2013)
Eine schwindenden Hoffnung (2014) - Fading Hope (2014)

"Alternative für Deutschland" (AfD) - Analyse eines Fehlstarts
"Alternative for Germany" (AfD) - Analysis of a False Start
2013 10 04

Eine Zahl weiser und zu Recht besorgter Patrioten haben eine notwendige Initiative unternommen, um Deutschland umzukrempeln, wenn nicht zu retten. Denn das bedeutet das Programm der „Alternative für Deutschland“ *), soweit danach mehr Respekt vor dem Recht und dem gegebenen Wort, mehr demokratische Kontrolle, Transparenz und Bürgernähe (des Staates), mehr Selbstbestimmung und Verantwortung hergestellt werden muß sowie solidere Finanzen in Bund, Ländern, Gemeinden zu fordern sind. Der Programmtenor wäre um die Forderung nach mehr Wahrhaftigkeit und solideren Finanzen auch im privaten Sektor zu ergänzen.

Gehalt und Dringlichkeit dieser Ziele bedürfen der Erläuterung. Dazu hätte es einer allgemeinverständlichen, konkreten Darstellung der unerklärten oder geradezu verheimlichten Wirkungen oder Wirkungsdefizite der wichtigsten unzulänglichen politischen Entscheidungen und Gesetze und der Unsicherheiten und Unübersehbarkeiten ihres Vollzugs bedurft. Sie hätte mit einer entsprechenden Darstellung von Alternativen verbunden werden müssen. Vor allem hätte die Bedeutung von Schuldknechtschaft und der Erfordernisse ihrer Überwindung an Hand des Beispiels eines normalen Familien- oder Unternehmenshaushalts und eines Rechenwerks, das die aktuelle, tatsächlich existenzgefährdende staatliche und private Überschuldung und ihre Folgen überzeugend belegt, in das allgemeine Bewußtsein gehoben werden sollen. Das hätte die Forderung nach Demokratisierung einleuchtend illustriert.

Stattdessen hat die AfD ihre Erfolgschancen mit ungenügend erläuterten Forderungen nach Bürger-„Rechten“, Regulierung von „Parteienherrschaft“ oder nach „direkter Demokratie“ belastet. Ihre Festlegung auf eine Auflösung „des Euro“, die übrigens spätestens alsbald nach Beschluß des Parteiprogramms parteiintern und im Wahlkampf relativiert wurde, war angesichts einer vorherrschenden Begeisterung für diese Währung kein Erfolgsrezept. Vielmehr hat die Verbindung mit dieser Festlegung die Forderungen nach Kontrolle von Hilfskrediten und Sanktionierung von Versagen sowie nach Korrektur der Zentralbankpolitik geschwächt. Tatsächlich ist eine gemeinsame Währung ein tragender Bauteil Europas, und nicht an sich sondern wegen Verfehlung ihrer Funktionsbedingungen Vehikel einer verhängnisvollen Überschuldung und Degeneration der sozialen Marktwirtschaft. Überhaupt hat die Fokussierung auf Deutschland das Gewicht des AfD-Programms reduziert, denn der Alternativen bedarf jedenfalls ganz Europa. Die Beschwörung von Selbstbestimmung wäre besser gegen konkrete Vergemeinschaftungs-Hypertrophien wie Glühbirnendiktatur und Gurkenkrümmungsordnung als für Rückkehr zu nationalen Währungen eingesetzt worden. Mit der „entschiedenen Ablehnung eines zentralisierten Europastaates“ wurden Kräfte ziemlich ziellos verschwendet. Verschwendet wurde Kraft auch auf Probleme wie Beamtenbesoldung, Bürokratie, Abgeordneten-Nebentätigkeit, Steuersystem, Renten-„Garantie“, Kinderberücksichtigung und Bildungs-„Standards“, deren Detailabhängigkeit ihre Eignung als gebündeltes Wahlkampfthema auf das demagogische Genre beschränkt. Im Zuge der Aufnahme von Themen wie Energie-, Integrations- und Asylpolitik glitt das Programm der AfD ins dilettantische ab.

Was zur Verfolgung der eingangs genannten Ziele erforderlich wäre, wurde versäumt. Lag der Grund in einem Demokratie-Fatalismus, wie er unbekümmert in der Wahldebatte formuliert wurde: die Wähler wollten die Wahrheit nicht wissen oder das Programm einer Partei bestehe in einer bestimmten Person ? Oder lag es an denjenigen Parteifreunden, die vor allem ihrer alten Europhobie endlich zum Durchbruch verhelfen wollen, oder - schlimmer - an „Förderern“, die von Eurodämmerung profitieren ? Jedenfalls stellt das Ergebnis eine sehr unglückliche „Alternative“ dar. Abwanderungen zur AfD sind offensichtlich für das Ausscheiden der FDP ursächlich. Die Bundestagssitze, die durch jene mehr als 9% der Wähler, die für FDP und AfD gestimmt haben, hätten gewonnen werden können, kommen den Gewinnerparteien zugute. Das hat unter anderem zur Folge, daß eine so widersprüchliche Allianz wie diejenige mit den Linken oder Grünen der CDU/CSU zur Mehrheit verhelfen könnte.

Von den großen Parteien ist eine ausreichende Bewältigung der eingangs genannten grundlegenden Aufgaben nicht zu erwarten. Um das entstandene Dilemma zu überwinden und diese Aufgaben in Angriff zu nehmen, bedarf es einer Zusammenfassung aller auf sie gerichteten Kräfte und insbesondere derjenigen der kleinen Parteien - allen voran der FDP und AfD. Sie müssen mit Vorrang auf eine strikte Bindung Deutschlands sowie der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten an Grundrechte und den Subsidiaritätsgrundsatz, an Gebote der Präzision der Gesetze und Sicherheit ihres Vollzugs sowie an Vereinbarungen gerichtet werden. Dabei müssen unter den aktuellen wirtschaftspolitischen Aufgaben der Abbau der staatlichen und privaten Verschuldung und die Stärkung der sozialen Marktwirtschaftsordnung höchste Priorität erhalten. Bisher mitgeschleppten Ballast muß die Neue Alternative abwerfen.

*) Notiz vom 25.3.2014: der Text bezieht sich auf das Programm, das bei Abfassung des vorstehenden Beitrags im Internet unter der Adresse https://www.alternativefuer.de/programm.html veröffentlicht war und zur Zeit dort nicht mehr zu finden ist. Die Version liegt dem Verfasser vor.
A number of wise and duly worried patriots have undertaken a necessary initiative intending to rejig, if not save Germany. For this is the meaning of the program of the "Alternative for Germany" *), as far as it calls for more respect for the law and for the word given, for more democratic control, transparency and communicative proximity to the people (of government), more self-determination and responsibility and a better founded financial policy of the Federation, the Länder and the Communities. In addition, the tenor of the program needs an endorsement referring to better based financial conduct in the private sector as well.

Substance an urgency of these objectives need more detailed explanation. To supply this, a comprehensible, concrete presentation of the unexplained and indeed almost concealed effects or ineffectivity of the most important of adopted faulty political decisions and laws and their insecure and obscure application would have been required. This presentation should have been accompanied by a substantial description of alternatives. First of all, the importance of debt servitude and the requirements for overcoming it should have been explained by making use of the example of a normal family- or business-budget and by presenting facts and figures convincingly explaining the veritable danger of state collapse posed by overindebtedness and its consequences in a way introducing this explanation to public consciousness. This would have sensefully illustrated the call for democratisation.

Instead, the AfD has reduced its chances for succes by proonouncing insufficiently substantiated demands for civil "rights", containment of government through political parites or for "direct democracy". By insisting on a "dissolution" of "the Euro", though moderated in party circles and in the course of the election campaign, was not really a brilliant recipe for success in view of the prevailing enthusiasm for this currency. By burdening its demands for control of auxiliary credits including sanctions for failures and correction of the central bank policy with insisting on a surrender of the Euro, the AfD has, to the contrary, weakened its position. A common currency constitutes in fact an important component of the structure of a united Europe, and it has become a vehicle for a fatal overindebtedness and degeneration of social market economy not by itself but through its failing administration. Restricting its focus on Germany has further reduced the weight of the AfD-program, because the need for alternatives exists in any case in the whole of Europe. Summoning of self-determination should have better been directed against concrete communalization-hypertrophies like dictatorship over filament light-bulbs and bended cucumbers than for a return to national currencies. By "decidedly rejecting a European central state" energy was wasted quite aimlessly. Energy was also wasted on problems like remuneration of public officers, bureaucracy, second jobs of members of parliaments, the tax-system, "guanranteed" pensions, child-allowances and educational "standards". Their dependency on details reduces such complex topics in connection with election campaigns to a demagogic nature. By enclosing topics like energy-, integration- and asylum-policy the AfD program finally drowned in dilettantism.

The requirements for pursuing the goals mentioned were missed. Was this due to a kind of democracy-fatalism as was indicated during the election campaign by accusing the voters of not wanting to know the truth or by denouncing party programs as containing no more than names of candidates ? Or was it owed to party friends whose main objective was a final victory of their Europhobia, or - worse - to "supporters" who would benefit from a dusk of the Euro ? In any case: an unhappy alternative has resulted. Migration of voters to the AfD is the obvious cause for the exodus of the FDP. The seats in the Federal Parliament that could have been allotted to the 9% of the voters who supported AfD and FDP, are reinforcing the winning parties. One of the consequences consists in the possibility of a majority being formed by such inconsistent alliances as that between CDU/CSU and the Leftist or Green Party.

The big parties cannot be expected to undertake effective tackling of the necessities mentioned in the beginning of this commentary. The only chance to overcome the dilemma and to address these necessities lies with an alliance of all forces giving preference to them and particularly of those vested with the small parties - first of all the FDP and the AfD. They are obliged to concentrate their efforts on strict obedience by Germany, the European Union and its member States to basic rights, to the principle of subsidiarity, to requirements of precision of laws and contracts and of their secure application. In the course of such efforts, among the actual tasks of economic policy priority must be given to reducing public and private debts and to strengthening the rules and order of a social market economy. A new alternative must throw off their former burdens.

Note (25th March, 2014): The text refers to the version of the program available at the time when the present article was drafted in the internet under the address https://www.alternativefuer.de/programm.html, where it cannot be found any more. The version is at the disposal of the author.


"Alternative für Deutschland" ? Eine schwindende Hoffnung
"Alternative for Germany" ? a Fading Hope
2014 08 24

Das Gründungsprogramm der AfD vom April 2013 (1) begann mit Forderungen nach Respekt für das Recht und das gegebene Wort, für Selbstbestimmung, Selbstverantwortung, mehr demokratische Kontrolle, Transparenz und solide Finanzen. Im einzelnen wandte sich das Programm unter anderem gegen die Überbürdung der Kosten der Euro-Rettungspolitik auf die Steuerzahler und die Lastenträger einer Inflation, forderte Schutz der Ersparnisse sowie Berücksichtigung der Risiken der Rettungsverschuldung bei der Staats- Finanzplanung und mahnte eine Reduktion von Kompetenz- und Aufwandshypertrophien bei der EU und Transparenz des Staatshandelns an. Allerdings wies das Programm erhebliche Mängel auf, vor allem soweit es den Bedarf nach besserem Freiheitsschutz (zum Beispiel im Gewerbebereich) nicht genügend hervorhob, seinen Blick auf Deutschland fixierte und sich selbst nur als „Alternative“ sah. Andererseits schoß es mit der Forderung einer Auflösung des EU-Währungsgebiets (die als verhandelbare Speerspitze für Reformbestrebungen noch hinnehmbar erschien) über das Ziel hinaus und ließ sich unnötigerweise über Alterssicherung, Familien- Bildungs- und Energie- und Integrationspolitik aus, ohne nennenswert über Gemeinplätze hinauszugelangen. Folge des Auftretens der AfD war das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag in der Wahl von 2013, während die AfD selbst nicht hineingelangte und damit das demokratische Desaster des Fehlens einer dezidiert liberalen Partei im deutschen Parlament. Man durfte aber vielleicht noch hoffen, daß dieser Verlauf eine Konzentration der AfD auf das wesentliche, wichtige und richtige ihres Programms und eine Sammlung der dafür maßgeblichen Kräfte von FDP und AfD herbeiführen würde. (Vgl. dazu den nachswtehen wiedergegebenen Beitrag "Alternative für Deutschland - Analyse eines Fehlstarts“ in der homepage pro-re-publica.)
Diese Hoffnung und damit die Aktualität der AfD ist im Schwinden begriffen. Bei Abfassung dieser Glosse (im September 2014) sind an die Stelle des Gründungsprogramms eine „Programmatik und Leitlinien“ getreten (2), die der Bewerbung der AfD um den Einzug in das Europaparlament dienten. Ersten Rang hat jetzt die unbedingte Forderung nach Auflösung des Euro-Währungsgebiets. Die Skala der Forderungen, die aus der vorrangigen Ablehnung europäischer Transferleistungen und Zentralisierung durch die AfD abgeleitet werden könnten, ist nach oben offen. Dieses Einschwenken auf einen gegenwärtigen europhoben Trend der öffentlichen Meinung hat die AfD zwar den Einzug in das Europaparlament erreicht, aber kaum das Fundament für die Rettung Deutschlands gelegt. Die in der Tat vordringliche Stärkung des rechtsstaatlichen Verfassungselements ist in ihrer Programmatik auf den dritten Rangplatz verwiesen und wird mit dem unseligen Wunsch nach direkter Demokratie und einer fragwürdigen Beschwörung des Völkerrechts verschnitten. Erst an vierter Stelle widmet sich die „Programmatik“ den Staatsfinanzen und Steuern mit einer Reihe von Gedanken, die von Anfang an den wertvollsten Beitrag der neuen Partei versprachen. Die Leitlinien für Alterssicherung, Familien-, Bildungs- und Energiepolitik haben kaum an Substanz gewonnen.
Es wird Zeit für die politischen Kräfte innerhalb und außerhalb der AfD, denen es mit einer Hinwendung zu mehr Transparenz, Verbindlichkeit, Verantwortlichkeit und rechtsstaatlichem Freiheitssschutz als vordringlichen Zielen der Gestaltung der europäischen Länder und ihres staatlichen Bundes ernst ist (es ist auch an der Zeit, diesen Zielen dasjenige nach Sicherheit von Leben, Leib und Eigentum mit prominentem Rang hinzuzufügen), sich aus hoffnungsarmen Verbindungen zu lösen und neu zu formieren.
Fußnoten:

(1) Das Programm war nach Angaben der AfD auf ihrem Gründungsparteitag am 14. April 2013 beschlossen worden und eine Zeitlang unter https://www.alternativefuer.de/programm.html im Internet zugänglich.

(2) Die „Programmatik“ findet sich im August 2014 unter http://www.alternativefuer.de/programm-hintergrund/programmatik/ im Internet. Ein ausführliches Programm soll nach dieser Veröffentlichung „im Laufe des Jahres“ unter „Einbeziehung aller Mitglieder erarbeitet“ werden.


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